Medellín

Kapitel 12

Es una chimba

Fast ein halbes Jahr haben wir uns erfolgreich gedrückt. Schluss damit. In Medellín möchten wir nicht nur Stadt und Kultur erleben, sondern uns endlich auch dem Spanisch widmen. Denn zugegeben, die herausfordernden Rückfragen bei der Essensbestellung geben uns einen Vorgeschmack, was wir liefern müssen, wenn wir erst mal eine Autopanne haben. 

Wir hätten jedoch keine bessere Stadt zum Büffeln wählen können. Und das liegt nicht nur am akzentfreien und leicht verständlichen Spanisch in Kolumbien. «La ciudad de la eterna primavera», «aquí todo florece», «es una chimba*» – Die Stadt  hält, was sie verspricht: ein ausgeklügeltes Stadtkonzept mit grünen Korridoren und Seilbahnen, kunstvoll inszenierte Kaffees und Restaurants, bunte Viertel und lebhafte Märkte. 

*Chimba: Der Begriff Chimba ist ein Kolumbianismus und bezeichnet eine gute oder ausgezeichnete Sache.

Nach Schulschluss und an den Wochenenden lassen wir uns von der pulsierenden Atmosphäre der Stadt treiben. Frühmorgens auf dem Markt bestaunen wir das geschäftige Treiben, probieren exotische Früchte und lassen uns mit Gemüse beschenken – ohne zu wissen, wie man es verarbeitet. Der Duft von frisch aufgeschnittenen Guanabana mischt sich mit dem charakteristischen Geruch von rohem Fleisch. Passend zur leicht befremdenden Duftnote schultert ein Metzger ein  frisch geschlachtetes Schwein und trägt es durch die Markthalle zu seinem neuen Besitzer. Die Rufe der Verkäufer werden begleitet vom Klappern der Wagen, die von den Einkäufern durch die schmalen Gänge manövriert werden. Die Vortrittsregeln sind klar, wer nicht schnell genug den Fuss wegzieht, der wird den Marktbesuch schmerzhaft in Erinnerung behalten. 

Auf einer Stadttour düsen wir mit dem E-Bike und unserem Guide Toto durch die verschiedenen Viertel und lernen mehr über die drogengeprägte Vergangenheit und darüber, was die letzten Jahre an Veränderungen brachten. Toto ist ebenfalls ein begeisterter Hobbyfotograf. Er lädt uns ein, gemeinsam noch ein wenig mehr von «wahren» Medellín zu entdecken. Er führt uns in die Communa 3, ein aufstrebendes kleines Stadtviertel, welches bis vor wenigen Jahren noch stark von Kriminalität geprägt war. Wir streifen durch die Gassen, bestaunen die beeindruckenden Wandmalereien und begegnen den Menschen, die in den Graffitis porträtiert sind. Es ist ein wahrlich einmaliger und berührender Einblick, den wir in das Leben in Medellín erhalten. Und einmal mehr wünschen wir uns, besser Spanisch zu sprechen. Die Frauengeschichten des älteren Herren hätten wir zu gerne besser verstanden. 

Unser Fazit: Medellín hat weit mehr zu bieten als nur seine berüchtigte Vergangenheit – es ist eine Stadt voller Leben, Farben, Überraschungen und Herzlichkeit.

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